![]() |
Aus Scheunenfund auferstanden
|
|||
Die Yamaha AS3 konnte ich bei einer Internet Auktion im Herbst 2011 ersteigern. Das Motorrad galt als sogenannter ‚Scheunenfund’ und entsprechend sah sie auch aus, als ich sie mit dem Anhänger abholte. Abgesehen davon weiss man bei so einem Kauf nie genau was einen erwartet. Man sieht lediglich die Oberfläche und Rückschlüsse auf das Innenleben des Motors oder des mechanischen Zustandes im Allgemeinen können daraus nicht präzis gezogen werden. Auch der Umstand, dass weder Papiere noch Schlüssel zum Motorrad vorhanden waren, ist nicht speziell vertrauensfördernd. |
![]() |
||
Wie dem auch sei: Es handelt sich bei der AS3 um denselben Typ Motorrad, mit welchem ich im Jahre 1979 meine ersten Schritte als Biker gemacht hatte. Diese Aussicht liess meine Bedenken in den Hintergrund treten.
Ein erster Augenschein |
|||
![]() |
Unter dem aufgerissenen und zerflederten Sattel fehlte natürlich der Akku und das Blinkerrelais sah auch nicht danach aus, als würde es noch funktionieren. Die Kalotte des Hinterlichtes war gespalten und wurde behelfsmässig mit Klebeband zusammengehalten. Der Lenker war keinesfalls original – schon eher passend für ein Fahrrad - doch dem Verkäufer war es wichtig, dass überhaupt ein Lenker dabei war. Ansonsten, so von aussen betrachtet, war doch immerhin alles dabei was wichtig oder schwer zu bekommen war. Lackschäden und Flugrost müssen bei so einem Bike wohl in Kauf genommen werden. Doch beides schien im Rahmen des Erträglichen zu liegen, so dass durch geduldiges polieren und Nachbessern ein gutes Resultat erwartet werden konnte. |
||
Was aber immer noch unklar war, war der innere
Zustand des Motors. Bevor ich mit der gesamten Restauration beginne, wollte ich unbedingt einen genaueren Eindruck des Motors bekommen. Das Ziel wäre den Motor - wenn auch nur für kurze Zeit - anwerfen zu können. Das Durchtreten des Kickstarters liess schon mal genügend Kompression in den beiden Zylindern erkennen. Vorsichtiges entfernen der Dynamoabdeckung brachte zu Tage, dass die Unterbrecherplatte komplett und funktionstüchtig war. Das gleiche Bild auch für die andere Seite des Motores als ich den Deckel der Oelpumpe des Autolube-Systems entfernte. Es scheint als habe das Innenleben des Motors die Jahrzehnte des Herumstehens hinter dem Schutz der Abdeckungen spurlos überstanden. Ich begann nun mit der Zerlegung und Reinigung der Vergaser. Die vielen Kanäle und auch die Düsen selber waren allesamt ‚dicht’ und mussten mit mechanischer Unterstützung vom Schmutz befreit werden. Beim Reinigen der fragilen Düsen behalf ich mir mit einer einzelne Kupferlitze eines Stromkabels. |
![]()
|
||
Der Rest des Vergasers musste minutiös gereinigt und mit viel Druckluft ausgeblasen werden. Neue Zündkerzen und Oel für den Oelwechsel hatte ich mir bereits beim regionalen Händler besorgt. Eine alte Batterie von einem andern Motorrad stand noch herum, die Zeit für einen Startversuch war nun gekommen. |
|||
![]() |
Erster Startversuch Ein bisschen Benzin in
den Tank, Kerzen und Getriebeöl gewechselt, ebenso das Motorenöl für
das Autolube-System. Das Zündschloss liess sich problemlos ohne
Schlüssel betätigen (…) und schon leuchtete die Tachobeleuchtung und
auch der Blinker funktionierte bereits wieder nach dem Wechsel des
Blinkerrelais durch ein Neues. Zündfunken waren an beiden Kerzen
vorhanden, doch ich merkte schnell, dass mit kicken nichts zu machen
war. |
||
Ich versuchte nun das Motorrad anzuschieben, die Kupplung war alles andere als leichtgängig, doch bereits nach wenigen Versuchen besserte sich die Geschmeidigkeit der Kupplung und sie liess sich wieder gute benutzen. Nachdem ich die ersten Schweissperlen von der Stirn gewischt und mit Gas und Joke gespielt hatte, klappte es dann plötzlich doch noch. |
|||
![]() |
Der Motor drehte für einen kurzen Moment und nur
solange ich nicht am Gas dreht. Erst nach weiteren Versuchen gelang es
den Motor stabil laufen und hochdrehen zu lassen. Dabei zeigte sich aber
unmittelbar ein neuer Effekt: Die Abgase aus dem rechten Auspufftopf kam
ohne Druck und ‚pfupfte’ nur so wie eine Friedenspfeife vor sich hin,
während aus dem linken Rohr ein riesiger Qualm ausströmte der bald die
unmittelbare Umgebung in weissen Rauch hüllte. |
||
Der Grund für das abnorme Verhalten am rechten Auspuff erkannte ich ein paar Tage später bei der Demontage des Auspuffs als einige kieselsteingrosse Russbrocken aus dem Krümmer fielen. Der Auspuff war bis zum kompletten Verschluss des Rohres verrusst. Die Restauration kann nun beginnen |
|||
Am Anfang wird gereinigt |
![]() |
||
Die Räder sind in einem ansprechenden Zustand. Der
Flugrost an der Felge kann wegpoliert werden, die Speichen allerdings
werden matt bleiben. Die aus Aluguss bestehende Radnabe hat
Korrosionsspuren die nur hartnäckig zu entfernen waren. Schliesslich
gelang es durch mehrfaches polieren, zuerst mit einer Kunststoffbürste,
dann mit einer Tuchscheibe und zuletzt mit Metarex-Polierwatte. Die
bestehenden Backen beider Trommelbremsen fielen bei der Demontage der
Räder aus dem eigenen Leim und konnten nicht mehr weiter verwendet
werden. |
|||
![]() |
Ausserdem waren da ja noch die weitaus grösseren
Probleme mit dem durch starke Dellen und Innenrost unbrauchbar
gewordenen Tank und dem aufgerissenen Sattel. |
||
So beispielsweise der Sattel, der von einem
Verkäufer aus Frankreich angeboten wurde. Auch ein AS3 Tank aus
Deutschland gab’s zu diesem Zeitpunkt zu ersteigern, allerdings war
dieser vom Vorbesitzer in froschgrün gespritzt worden. Immerhin war er
innen frisch versiegelt und für rund € 50.— inklusive diverser anderer
Karosserieteile relativ günstig zu bekommen. Nun ging es darum jemand zu
finden der das Farbmuster des alten Tankes 1:1 und zu erträglichen
Kosten auf den ‚neuen’ Tank ‚übertragen’ konnte. |
|||
![]() |
Das Spritzwerk das sich dieser Aufgabe annahm fand ich ebenfalls im Internet mit der Firma R.H Lacke in Hüffenhardt (Deutschland). Der grüne Tank musste also wieder zurück in sein Ursprungsland, diesmal zusammen mit dem verbeulten Originaltank, damit dieser exakt kopiert werden konnte. Da sich für das Yamaha-Blau aus den frühen 70er Jahren kein Farbrezept mehr auftreiben liess schraubte ich kurzerhand sämtliche Teile vom Motorrad welche die gleiche blaue Farben wie der Tank tragen und lieferte somit ausser dem Tank auch die beiden Seitenkäsen (einer davon ist gleichzeitig der Öltank für das Motorenöl), die Lampenhalterungen, |
||
der Lampentopf, sowie die beiden hinteren Federbeine mit. Damit konnte sicher gestellt werden, dass es keine Farbunterschiede zwischen Tank und anderen Karosserieteilen geben wird. Das Resultat war schlicht atemberaubend. Der vormals grüne Tank strahlte nun wieder in seiner Originalbemalung wie am ersten Tag. |
|||
Weitere Revisonsarbeiten |
![]() |
||
Neue Fussrasten und neue Bremsbeläge für beide
Trommelbremsen konnten vom lokalen Yamaha Händler bezogen werden. |
|||
![]() |
Zusammenbau |
||
Für das rechte Filterelement reicht es, lediglich den rechten Seitendeckel zu entfernen. Als besonders wertvolle Elemente konnten auch die beiden Plastikbälge für die Verbindung der Luftfilterkästen zu den Vergaseröffnungen ersetzt werden. |
|||
Diese Bälge sind sehr selten, und so musst ich dem
norwegischen Anbieter bei eBay rund $100.— für einen Schlauch
‚hinblättern’! Kommentar überflüssig… :-) |
![]() |
||
Die Kabelstrippen der linken Handbedienelemente wurden mit neuem, grauen Isolierschlauch überzogen und dazu die beiden Schalter ab- und danach wieder angelötet. Nach ein paar Versuchen und dem Anbringen einer zusätzlichen Masseleitung zu den vorderen Blinklichtern funktionierten die elektrischen Schaltkreise wieder. |
|||
Wegen der neuen Lackierung war der Lampentopf dermassen gut von der Rahmenmasse isoliert, dass diese Masseverbindung unverzichtbar wurde. Auch das vordere Rad konnte nun zusammen mit der polierten Brems-Trommel und den neuen Bremsbelägen montiert werden. Beim einziehen des Bremskabels wurde offensichtlich, dass der Lenker zu hoch, resp. zu breit war. Das Bremskabel anderseits war nämlich nun zu kurz und ich machte mich auf die Suche nach einem neuen Lenker, möglichst einem Original. Als nächstes waren die neu gekauften unverbeulten Auspuffrohre daran. |
![]() |
||
![]() |
![]() |
||
Bei beiden Zylinderöffnungen wurden noch vorher die
Auspuffdichtungen erneuert und die Auspuffe danach passend befestigt.
|
|||
![]() |
Als nächsten Schritt setzte ich die neuen
Benzinleitungen ein und auch der Hauptschlauch für die Zuführung des
Motorenöl zur Autolube Pumpe wurde bei dieser Gelegenheit ersetzt.
Apropos Öl: Jede Seite der Teleskopgabel wurde nun noch mit 1,6dl
Spezialöl gefüllt. |
||
Sie sahen wirklich noch sehr schön aus und zusätzlich konnte er mir auch noch mit einem originalen, halbhohen AS3-Lenker aushelfen. Die Teile wurden umgehend montiert und es zeigte sich, dass sowohl der Lenker nun optisch viel schöner, und auch das Bremskabel von der Länge her besser passten. |
|||
Nun war es soweit dass das Motorrad aus der
Werkstatt geschoben und im Freien einem Motorstart unterzogen werden
konnte. |
![]() |
||
Nachdem der Motor etwas warm gelaufen war, kam das Moped wieder auf den Lift und das Motorenöl wurde erneut abgelassen
|
|||
![]() |
![]() |
||
Beim Ritzel am Hinterrad waren bereits Abschleifspuren sichtbar und die Zähne des Kranzes waren nicht mehr schön symmetrisch sondern einseitig deutlich ausgeschlagen. Nachdem ich dafür die rechte Motorenabdeckung entfernt hatte, gab es zuerst wieder viel Putzarbeit zu erledigen was auf den Bildern leicht zu erkennen ist.
|
|||
Die Motorabdeckung auf der linken Seite war früher
einmal schwarz gespritzt worden. Vielleicht wollte der Vorbesitzer
dadurch ein RD-Feeling erzeugen... Auf jeden Fall war diese Ausführung
nicht Original. Ich habe in der Folge die Abdeckung mit hitzebeständiger
Farbe neu gespritzt. Bei dieser Gelegenheit habe ich gleich noch die
Halterung für die Fussrasten inkl. Seitenständer abgeschraubt. Nachdem
diese bis auf die letzte Schraube demontiert war, wurde sie porentief
gereinigt und entfettet und danach mit schwarzer Farbe neu überspritz. |
![]() |
||
![]() |
![]() |
||
Nun konnte auch gleich das neue Ritzel beim Motor
und den neuen Antriebskranz für das Hinterrad montieren. Das Ritzel beim
Motor hat nun 14-Zähne (gegenüber vorher 15-Zähne). Die neue Kette
musste um ein Glied gekürzt und konnte danach wieder perfekt gespannt
werden. |
|||
![]() |
Ich versuchte das Problem zu analysieren und machte
nochmals zwei etwas kleinere Runden bemerkte aber postwendend, dass der
Benzinfluss nicht gestoppt werden konnte. Im Gegenteil: nun rann der
Sprit förmlich ungehindert via Überlaufschläuche dem Motor und Ständer
entlang und tropfte auf den Boden. Daher entschloss ich mich die
Vergaser nochmals zu öffnen und nachzusehen ob etwas zu ‚retten’ war.
Immerhin stand ja der erste Prüfungstermin nach rund 30 Jahren Standzeit
für das Fahrzeug unmittelbar bevor… |
||
Hier wird der überlaufende Kraftstoff über zwei
Öffnungen und via dünne Gummischläuche nach aussen abgeführt, wenn die
Schwimmerkammer überflutet wird. Dank einem starken Vergrösserungsglas
konnte ich auf den feinen Nadeln, welche durch den Schwimmer in die
feinen Einlassöffnung des Kraftstoffes gedrückt werden, Spuren vom
jahrelangen stehen entdecken. Diese bearbeitete ich mittels einem sehr
feinkörnigen (1200) Schmirgelpapier bis sie wieder makellos erschienen.
Zudem bemerkte ich, dass die Federung dieser Nadeln nicht mehr richtig
funktionierte. Auch hier war Feinarbeit nötig um diese wieder
geschmeidig zu machen, so dass die Nadeln ihre Funktion korrekt
erfüllen konnten. Aber nicht genug damit: die beiden ‚Lippen’ an den
Schwimmer, welche diese Nadeln betätigten, erschienen mir etwas gar weit
weg von der optimalen Position. Diese ‚Lippen’ drücken ja letztlich die
Nadeln in die Öffnung der Einlassdüse wenn die Schwimmkammer voll Benzin
ist. Dadurch wird die Benzinzufuhr gedrosselt oder gänzlich unterbrochen
und damit ein ‚Absaufen’ des Motors verhindert. |
|||
02. 03.2012 |